INHALTSVERZEICHNIS
Im Jahr 2048 gibt es:
↦ gleichwertige medizinische Versorgung für alle
↦ Barrierefreiheit
↦ selbstverwaltete Gesundheitshäuser
↦ volle und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigungen
↦ gleichberechtigte Verteilung der Hausarbeit
2048 gibt es nicht mehr:
⇤ Krankenhäuser, die sich „rechnen“ müssen
⇤ einen schlecht bezahlten Pflegesektor
⇤ Doppelbelastung von Frauen
⇤ Armut im Fall von körperlicher, psychischer oder
kognitiver Beeinträchtigungen
Der Gesundheitssektor
Heute sind Gesundheitshäuser – früher „Krankenhaus“ genannt – ein öffentlicher Raum. Das Gebäude ist hell und strahlt eine beruhigende Stimmung aus. Überall sind unterschiedliche Sprachen zu hören, das Gesundheitshaus ist neben der Gesundheitsversorgung ein Ort der Bildung; Informationsveranstaltungen zum Körper und über Gesundheit werden angeboten. Es ist ein Ort sportlicher Betätigung und Anlaufstelle für Sozial- und Rechtsberatung. Alle Menschen – unabhängig von ihren finanziellen Ressourcen und Herkunft – erhalten eine gleichwertige medizinische Versorgung. Die medizinische Versorgung ist Teil der sozialen Garantien und steht allen Menschen kostenfrei zur Verfügung (→ Soziale Garantien).
Kleinere Gesundheitshäuser gibt es in jedem Stadtteil und in den größeren Dörfern. Die Mitarbeitenden sind mit dem Viertel oder dem Dorf und seinen Besonderheiten vertraut. Sie wissen, was die Menschen beschäftigt, was gesundheitlich förderlich ist und was sie krank macht. Patient*innen werden ganzheitlich betrachtet und Krankheiten wird präventiv entgegen gewirkt. Dadurch haben sich die Kosten im Gesundheitssektor drastisch reduziert. Wenn Menschen krank sind, wird gemeinsam mit ihnen über die ärztliche Behandlung gesprochen. Dabei werden, wenn sie das wollen, die ihnen nahe stehenden Personen mit einbezogen. Diesen stehen auch Räume zur Verfügung, wodurch sie die gesamte Zeit des Aufenthalts mit dem*der Patient*in gemeinsam dort verbringen können.
Wie fast alle Organisationen 2048 ist auch das Gesundheitshaus selbstverwaltet. Die Mitarbeitenden des Gesundheitshauses bestimmen selbst ihre Arbeitszeit und Arbeitsplatzgestaltung. Somit arbeiten alle Berufsgruppen im Gesundheitshaus eng zusammen: Sozialarbeiter*innen, Sprachmittler*innen, Reinigungs- und Pflegekräfte, Psycholog*innen, Physiotherapeut*innen, Ärzt*innen. Sie wertschätzen sich als Teams, die gemeinsam zur gesellschaftlichen Gesundheit und dem Wohlbefinden von Menschen beitragen. Das hat dazu geführt, dass sich die meisten Gesundheitshäuser für eine Lohnangleichung zwischen den Mitarbeitenden entschieden haben.
Heute sind Menschen viel gesünder als früher. Sogenannte Zivilisationskrankheiten sind deutlich zurückgegangen, weil das Leben insgesamt ausgeglichener gestaltet ist und es weniger Umweltgifte gibt. Auch Ängste vor sozialem Abstieg, Frustration, Burnouts und Stress sind viel weniger geworden.
Selbstbestimmtes Leben für alle Menschen
Heute werden Menschen nicht mehr aufgrund von körperlichen, psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen behindert. Sie können ihr Leben selbstbestimmt gestalten. Alle Menschen haben, was sie brauchen, um ihren Wünschen entsprechend bestmöglich am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Dazu gehört, dass sie bei Bedarf von einer Assistenz unterstützt werden, die sie sich selbst aussuchen können (wie auch die assistierende Person wählen kann, wen sie unterstützen möchte).
Assistenz wird ganzheitlich verstanden und umfasst alle Lebensbereiche, einschließlich dessen, was früher als Langzeitpflege und Altenpflege bezeichnet wurde. Die meisten Menschen, die im Alltag Hilfe bekommen, werden teilweise von ihrer Assistenz und teilweise von ihnen nahestehenden Menschen unterstützt. Ermöglicht wird dies durch die sozialen Garantien, die den Assistenzgebenden einen guten Lohn zahlen und die Assistenznehmenden absichern. Die Tätigkeit der Assistenzgebenden ist hoch angesehen. Die Wochenerwerbsarbeitszeit von 20 Stunden hat die Belastung für die Plegegebenden deutlich gesenkt. Die Assistenzzeiten sind so bemessen, dass Zeit für einen achtsamen Umgang und Gespräche ist. Supervisionen und Schulungen sind fester Bestandteil des Tätigkeitsfeldes. Seitdem hat sich das Wohlbefinden der Assistenzgebenden und Assistenznehmenden stark verbessert.
Auf Unterstützung und Assistenz angewiesen zu sein, geht heute nicht mehr mit finanzieller Not einher. Spezialisierte Beratungsangebote und Unterstützungsmöglichkeiten sind in Stadtvierteln und ländlichen Kommunen fest verankert und gut ausgestattet. Ziel ist die bestmögliche Versorgung der Menschen.
2048 gehört es dazu, dass Menschen mit Beeinträchtigungen soweit wie möglich ermächtigt werden, am gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Leben teilzuhaben und Tätigkeiten nachzugehen, die ihnen wichtig sind. Der große Autonomiegewinn, den viele Menschen erhalten haben, ist auch durch eine städtebauliche Neuausrichtung möglich. Straßen, Wohnhäuser, Busse, Züge, viele Erholungsgebiete, schlicht die gesamte Infrastruktur wurde barrierefrei umgestaltet. Menschen mit Beeinträchtigungen werden in den Prozess zur Entwicklung technischer Geräte einbezogen, damit diese auf den Bedarf ausgerichtet sind und sie ihren Alltag autonomer gestalten lassen. All diese Veränderungen haben auch dazu geführt, dass es keinen Bedarf mehr an Heimen gibt. Die Wohnungswahl erfolgt individuell und Menschen entscheiden selbst, ob sie in Wohngruppen, gemischten WGs oder in der eigenen Wohnung leben möchten. In den Städten und im ländlichen Raum haben sich viele Projekte angesiedelt, in denen Menschen mit Einschränkungen gut versorgt werden, Teil des öffentlichen Lebens sind und ruhiger und gemeinsam leben können.
2020
Was es schon gibt
→ AK moB
Der Arbeitskreis hinterfragt die Einteilung in „behindert/nicht behindert“ und macht dazu Workshops, Aktionen und veröffentlicht Texte.
→ Medibüro
Medibüros gibt es bundesweit in zahlreichen Städten. Sie setzen sich für die Gesundheitsversorgung von Migrant*innen ein, bieten medizinische Sprechstunden an, führen anonyme Behandlungen durch und unterstützen im Kontakt mit Beratungsstellen.
→ Poliklinik Veddel
In dem Stadtteil-Gesundheitszentrum in Hamburg wird medizinische Versorgung gewährleistet. Dabei werden auch die gesellschaftlichen Bedingungen von Gesundheit (Einkommen, Armut, Rassismus) betrachtet, und kollektive Lösungsstrategien mit den Besucher*innen erarbeitet.